Politiken der Nicht-Nachhaltigkeit
Im Forschungsprojekt (PONN) wird untersucht, welche Rolle national-autoritäre Haltungen und Aspekte sozialer Ungleichheit im Hinblick auf eine sozial-ökologischen Transformation der Gesellschaft spielen.
Vor dem Hintergrund sich zuspitzender ökologischer und sozialer Problemlagen wird die Umsetzung nachhaltiger Politiken seitens weiter Teile der Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Öffentlichkeit gefordert: seien es die Etablierung nachhaltiger Mobilitätsysteme, Veränderungen im Agrarsektor oder die Transformation des Energiesystems. Die unterschiedlichen Felder einer sozial-ökologischen Transformation sind aber abhängig von gesellschaftlichen und politischen Rahmbedingungen, die weit über ihr jeweiliges Themenfeld hinausreichen und dabei Erfolgschancen der politischen Verabschiedung und praktischen Umsetzung bestimmen.
Dies soll im Rahmen des Forschungsvorhabens „Politiken der Nicht-Nachhaltigkeit“ (PONN) in den Kontext zweier Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit gesetzt werden, zwischen denen ein Zusammenhang zu bestehen scheint: Das Erstarken national-autoritärer populistischer Bewegungen und Parteien sowie die Herausbildung neuer sozialer Disparitäten. Unsere Pilotstudie fragt nach den diesbezüglichen Implikationen und Folgen für eine Transformation der Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit.
Das einjährige Verbundprojekt ist als Meta-Studie konzipiert und wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Durchführung, an der Europa-Universität Flensburg (EUF) und der Technischen Universität Dortmund, gliedert sich in drei Arbeitspakete, um den oben beschriebenen Nexus sowohl theoretisch aufzuarbeiten als auch empirisch auszuleuchten.
Arbeitspaket 1: Literaturstudie
Arbeitspaket 1 wird federführend vom Norbert Elias Center (NEC) an der EUF durchgeführt.
Zielstellung ist eine systematische Auswertung der einschlägigen und aktuellen, überwiegend deutschsprachigen, Fachliteratur zum national-autoritären Populismus im Zusammenhang mit Verschränkungen zu Politiken der (Nicht-)Nachhaltigkeit. Besondere Berücksichtigung wird dabei die Herausbildung neuer sozialer Disparitäten, und die Frage, wie und ob sich diese Verschränkung in neue soziale Disparitäten einbettet, finden. Neben einer vergleichenden Analyse von unterschiedlichen Forschungsperspektiven und -ergebnisse, sind zentrale Desiderata in diesem relativ jungen Untersuchungsfeld zu identifizieren, um weiterführende Forschungsbedarfe zu ermitteln.
Arbeitspaket 2: Sekundärdatenanalyse
Arbeitspaket 2 wird federführend vom Institut für Soziologie an der TU Dortmund durchgeführt.
Die Zielstellung ist, auf Basis von Repräsentativdaten, herauszufinden, ob sich zwischen Klimaschutz- und Umwelteinstellungen auf der einen Seite und nationalistisch-populistischen Orientierungen auf der anderen Seite Zusammenhangsmuster erkennen lassen. Darüber hinaus wird zu prüfen sein, in welcher Beziehung soziale Lagemerkmalen und Haltungen zu sozialer Ungleichheit zum vermuteten Konnex stehen. Dafür werden drei Sekundärdatensätze (ESS, GESIS-Panel, SOEP) konsultiert und zur Erhellung der Ausgangsfrage fruchtbar gemacht.
Arbeitspaket 3: Aufbereitung der Ergebnisse für politische Entscheidungsträger*innen und interessierte Öffentlichkeit
Arbeitspaket 3 wird schwerpunktmäßig durch das NEC in Kooperation mit dem Institut für Soziologie an der TU Dortmund bearbeitet.
Anspruch des Projektes ist es, nicht nur den wissenschaftlichen Diskurs zum beschriebenen Phänomenkomplex zu bereichern, sondern ihn auch in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen. Daher werden die Ergebnisse der Pilotstudie in einer separaten Publikation gebündelt – mit dem Anspruch, die Inhalte auch für eine nicht-wissenschaftliche bzw. allgemeine Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zudem werden Vorschläge diskutiert, wie mit dem Konnex von national-autoritärem Populismus und Politiken der Nicht-Nachhaltigkeit gesellschaftlich und politisch umgegangen werden kann. Diese Handreichung wird in einer Transferveranstaltung im Mai 2021 in Berlin der Politik und Öffentlichkeit vorgestellt.
Die ersten Projektergebnisse wurden im Rahmen einer Handreichung für die Öffentlichkeit publiziert. Die Broschüre "Auf Kosten des Volkes! Rechtspopulistische Positionen zu Klima und Umwelt" kann hier heruntergeladen werden.
Ein dreiteiliger Podcast über Politiken der Nicht-Nachhaltigkeit ist hier und auf allen einschlägigen Plattformen frei verfügbar.
Im Rahmen des Agendaprozesses zur Sozial-Ökologischen Forschung (SÖF) 2018
Projektlaufzeit
06/2020 bis 06/2021 (13 Monate)
Publikationen
Sommer, B./ Schad, M./ Kadelke, P./ Humpert, F./ Möstl, C. (2022): Rechtspopulismus vs. Klimaschutz? Positionen, Einstellungen, Erklärungsansätze. München: oekom Verlag. [Verlagsinformationen]
Sommer, B./ Schad, M./ Möstl, C./ Humpert, F./ Kadelke, P. (2021): Rechtspopulismus als Desiderat der sozial-ökologischen Transformationsforschung? Themen und Perspektiven, In: GAIA - Ecological Perspectives for Science and Society 30 (1), S. 62-64. [online verfügbar]
Humpert, F./ Kadelke, P./ Möstl, C./ Schad, M./ Sommer, B. (2021): Auf Kosten des Volkes. Rechtspopulistische Positionen zu Klima und Umwelt. Handreichung zu den Projektergebnissen PONN. [online verfügbar]
Projektleitung
Dr. Miriam Schad, TU Dortmund
Dr. Bernd Sommer, Europa-Universität Flensburg
Projektteam
Philipp Kadelke, M.A., TU Dortmund
Kira Buschkämper, TU Dortmund
Franziska Humpert, Europa-Universität Flensburg
Christian Möstl, Europa-Universität Flensburg
Lilly Gerlach, Europa-Universität Flensburg